Abschied von Pfarrer Manfred Trettenbach

Aufbahrung in der Aussegnungshalle des Alten Friedhofs in Neuburg
Aufbahrung in der Aussegnungshalle des Alten Friedhofs in Neuburg

 

 

Am Dienstag, 22. September 2015, fand die Beerdigung von Pfarrer Trettenbach in Neuburg statt. Am Abend wurde in seiner Pfarrkirche Maria, Königin des Friedens das Requiem gefeiert. Hier finden Sie die Predigt von Pfarrer Ralf Gössl:

 

 

 

 

 

Predigt beim Requiem für

Herrn Pfarrer i.R. Manfred Trettenbach

Dienstag, 22. September 2015, Pfarrkirche Maria, Königin des Friedens

Pfarrer Ralf Gössl

 

Lesung: Jes 60, 1-6                                                                     Evangelium: Mt 2,1-12

 

Liebe Frau und lieber Herr Meilinger, liebe Angehörige und Freunde von Manfred Trettenbach, liebe Schwestern und Brüder.

 

Im November 2014 habe ich mit Manfred Trettenbach telefoniert. Ich sagte ihm: „Manfred, nach Neujahr fahre ich ein paar Tage in Urlaub. Könntest du am 06. Januar, an Erscheinung des Herrn, den Festgottesdienst in Maria, Königin des Friedens feiern?“ Diese Frage freute ihn und ich spürte seine Freude förmlich durch den Hörer hindurch. Denn Heilig Drei König – wie wir dieses Fest meistens nennen – hat ihm besonders viel bedeutet. Er sagte mir: „Natürlich mache ich das. Ich helfe dir doch gerne“. Damals konnte Pfarrer Trettenbach noch nicht wissen, dass dies seine letzte große Messe in seiner geliebten Pfarrkirche sein würde. Die Leute spürten, dass es ihm beim Gottesdienst nicht gut ging. Und die Predigt, die er genau vorbereitet hatte, hat er sogar vergessen. Schließlich stellte sich heraus, dass er in der Nacht zuvor einen kleinen Schlaganfall hatte.

Für das heutige Requiem habe ich die biblischen Texte des Dreikönigstages ausgewählt. Auch deshalb, weil die Sterndeuter so gut zu Manfred Trettenbach passen. Sie waren sicher ganz eigene Figuren mit eigenen Köpfen und Gedanken. Sie hatten ihre Träume und ihren Blick in die Sterne. Dabei ist ihnen ein Licht aufgegangen, ein ganz besonderer Stern. Deshalb haben sie sich auf den Weg gemacht – auf einen Pilgerweg, auf eine Wallfahrt. Sicher war der Weg keine gerade Einbahnstraße. Irrwege und Umwege mit eingeschlossen. Schließlich aber durften sie ankommen, sie durften den Stern sehen, den Stern, der alle Sterne überstrahlt – Jesus. Sie wurden von sehr großer Freude erfüllt und brachten dem Jesuskind ihre Geschenke (vgl. Mt 2, 1-12). Zusammen mit den Hirten von Betlehem sind diese Sterndeuter die ersten, die zu Jesus pilgern und sie führen eine Prozession von Wallfahrern an, die bis heute andauert. Eine Prozession, die Menschen zu Jesus führt. Zu dieser Prozession der Pilger gehört auch Manfred Trettenbach. „Pilgerndes Volk Gottes“ wird das später das II. Vatikanische Konzil nennen, das unseren verstorbenen Pfarrer so inspiriert und elektrisiert hat. Schauen wir etwas auf diesen Weg von Manfred Trettenbach – natürlich im Bewusstsein, dass man bei einem solch intensiven Weg vieles nur kurz in den Blick nehmen kann.

Am 22. März 1931 hat sich der kleine Manfred auf diesen Pilgerweg seines Lebens gemacht. Zusammen mit seiner etwas jüngeren Schwester lebte er in München und dann in Neuburg. Dort besuchte er das Gymnasium und engagierte sich in der Jugendarbeit bei den Georgspfadfindern. In diesen Jahren entschloss er sich auch Priester zu werden. Nach wenigen Semestern in Dillingen wechselte er in das herzogliche Georgianum nach München. Die Studienzeit dort hat ihn ganz stark geprägt, wie ich aus vielen Gesprächen mit ihm weiß. Nicht zuletzt der Direktor, der Liturgiewissenschaftler Pascher, ist für ihn sehr wichtig geworden. Nach seiner Priesterweihe 1956 kam er an seine erste Kaplansstelle nach St. Lorenz in Kempten, wo er neun Jahre blieb und sehr stark vom dortigen Pfarrer, Prälat Götz, geprägt wurde. In diese Zeit fiel auch das II. Vatikanische Konzil. Schließlich kam Manfred Trettenbach als Religionslehrer ans Gymnasium und an die Realschule nach Ursberg. Dort erlebten ihn seine Schülerinnen als einen modernen, aufgeschlossenen jungen Priester, der sie aus der vielfach angstbesetzten Frömmigkeit, in der sie erzogen wurden, zu einem befreienden Glauben begleiten wollte. Neben dem Schuldienst betreute er damals die Pfarrei Kemnat. 1968 kam der Umzug nach Gersthofen, wo gerade der Kirchenbau dieser Kirche in vollem Gang war. In seinem Pfarrhaus lebte er zusammen mit seiner Mutter, die ihm den Haushalt führte. Pfarrer Trettenbach wollte seine Pfarrei nach den Richtlinien des II. Vatikanischen Konzils führen. Eine besondere Leitfigur war für ihn Papst Johannes XXIII. Die Johannesstraße und die Johannesstube sind äußere Zeichen für diese Verehrung. In diesem Gottesdienst werden wir bei der Gabenbereitung auch ein Lied hören, das sich auf Papst Johannes bezieht. Seine pastorale Arbeit trug Manfred Trettenbach bald den Ruf ein, neue und befreiende Wege zu suchen. Dazu gehören seine Art zu predigen und auch vor kritischen Worten nicht zurückzuschrecken; seine Art Liturgie zu feiern und seine Suche nach neuen Formen im Gottesdienst und nach neuen geistlichen Liedern. Viele Menschen lernten diese befreiende Art zu schätzen. Sie durften in Maria, Königin des Friedens ein Stück geistliche Heimat finden. Ein Obdach für die Seele auf dem Pilgerweg des eigenen Lebens. Seine Kirche nahm Pfarrer Trettenbach als einen Kunstraum wahr, den er selber gestalten wollte. Angefangen beim Blumenschmuck, über seine selbstgemalten Messgewänder bis hin zu seiner Provence-Krippe. Aus dem ökumenischen Geist des II. Vatikanums heraus spielte auch die Beziehung zur evangelischen Gemeinde eine ganz wichtige Rolle. In seinem privaten Leben wurde die Liebe zu Frankreich immer wichtiger. Dort hat er auch gerne Urlaub gemacht. Neben Frankreich hat es ihm auch Irland sehr angetan, wo er einen priesterlichen Freund hatte. Ich selber durfte vieles von Manfred erfahren, weil ich mich immer wieder – meist bei einem guten Glas französischen Weins – mit ihm getroffen habe. Manchmal jammerte er dann, weil ich nach fortgeschrittener Stunde müde wurde. Wenn ich auf die acht Jahre zurückschaue, die wir uns kennen, dann bin ich ihm für seine Wegbegleitung in meinem persönlichen Leben und für seine Unterstützung in der pastoralen Arbeit sehr dankbar. Auch im Namen der Gremien unseres Gesamtpfarrgemeinderates und der Kirchenverwaltungen – insbesondere natürlich der Kirchenverwaltung von Maria, Königin des Friedens darf ich dir, lieber Manfred, für alles danken, was du als Pfarrer für uns getan hast. Danke auch für deinen langjährigen Dienst als Präses der Kolpingsfamilie. Gott möge dir alles Gute vergelten! Wir alle wissen, dass der Pilgerweg des Manfred Trettenbach in den letzten Monaten immer mühsamer wurde. Er hat darunter gelitten, dass er loslassen musste von seiner Kirche und von seinem Pfarrhaus. Noch vor zwei Wochen hat er mir am Telefon gesagt, wie schwer ihm das alles fällt. Aber er war nicht allein. Viele gute Menschen haben ihn begleitet und sich um ihn gesorgt. Er war ein Mensch, der auch in der letzten Zeit viel Liebe und Fürsorge erfahren durfte. Allen, die sich um ihn gekümmert haben, sage ich von Herzen: Vergelt’s Gott!

Nun komme ich wieder zurück zu den Sterndeutern, die sich auf den Weg gemacht haben. In der Kunst werden sie immer als ganz unterschiedliche Menschen dargestellt, mit einem jeweils individuellen Aussehen, mit einem unterschiedlichen Alter und mit verschiedenen Geschenken. Wir könnten sagen, eine bunte Truppe. Aber – sie haben ein gemeinsames Ziel, sie sind unterwegs zum Stern, zu Jesus. Die Sterndeuter passen zu Manfred Trettenbach und er passt zu ihnen. Denn Manfred ließ sich auch nicht so leicht einordnen. Er hatte als Mensch und als Pfarrer seinen eigenen Kopf. Ist es nicht gut, dass es verschiedene theologische Ansätze gibt? Bedeutet es nicht eine Bereicherung, dass wir in unterschiedlichen Formen Liturgie feiern können? Nur miteinander sind wir katholisch und nicht gegeneinander. Wir können und dürfen uns gegenseitig bereichern. Katholische Kirche ist immer größer, farbiger, lebendiger und auch aufregender – als wir allein. Deshalb brauchen wir einander in all unserer Buntheit und Verschiedenheit. Und wir brauchen das tiefe Bewusstsein, dass Christus mit uns allen auf dem Weg ist. Wichtig ist es, dass wir selber von Jesus und von seiner Frohen Botschaft berührt und begeistert sind. Dass wir IHN die Mitte sein lassen, die uns alle zusammenhält und aus der wir leben. Der Herr ist Weggefährte und Ziel. „Wir gehören alle zu Christus“ (vgl. Phlm 20).

Mit dem Blick auf die Sterndeuter komme ich nochmal zurück auf die ungehaltene oder vergessene Predigt. Was wollte Manfred Trettenbach seiner Gemeinde am 06. Januar 2015 sagen? Es klingt wie ein Testament und es hört sich so an, wie wenn er es selbst für sein Begräbnis geschrieben hätte. Er erzählt die Legende vom vierten König, der dem Kind die unterschiedlichsten Geschenke mitbringen möchte. Unterwegs aber trifft er so viele Arme und verschenkt alles. Als er dann bei Jesus ankommt, hat er leere Hände. Und nun zitiere ich wörtlich aus Manfreds letzter Predigt: „Stellen wir uns vor, dass wir es sind, die auf dem Weg zu Christus sind. Welche Gaben würden wir für ihn einpacken und mitnehmen? Und wenn wir diese dann unterwegs weggeben würden, was würden wir ihm bringen? … Oder möchten wir nur kriegen statt schenken?“ Soweit Manfred Trettenbach. Fast möchten wir jetzt sagen: Nein, Manfred, du hast doch keine leeren Hände, was hast du nicht alles getan und gewirkt! Wieviel Heimat und Inspiration hast du Menschen in dieser Kirche geschenkt! Wir sind dir für vieles dankbar. Vielen von uns hast du vieles geschenkt! Und – trotzdem – gar nicht so schlecht, die leeren Hände. Nur sie kann der Herr jetzt mit seiner Liebe und Barmherzigkeit füllen. Gar nicht so unpassend, die ungehaltene Predigt. Das Leben eines jeden Priesters ist wie eine Predigt, die nicht vollkommen fertig geworden ist. Der Herr selber kann diese Predigt nun vollenden. Und beim Herrn erwarten Manfred nun auch die Menschen, die ihm auf den Pilgerweg vorausgegangen sind. Vor einigen Tagen erzählte Manfred Trettenbach noch von einem Traum, den er hatte. Papst Johannes begegnete ihm auf der Straße, schüttelte ihm die Hand und sagte lachend zu ihm: „So, bist du jetzt auch da!“ Und vor wenigen Wochen umarmte er noch seinen Freund, Pfarrer Georg Kapfer, der vor ihm gestorben ist. Beide sagten zueinander: „Wir sehen uns ja bald im Himmel wieder“.

Lieber Manfred, du hast dich nun auf den Weg ins Licht gemacht. Es ist nicht mehr das Kind in der Krippe, das dich erwartet. Es ist vielmehr der auferstandene Christus! Wir sind dankbar dafür, dass du unser Wegbegleiter und Mitpilger gewesen bist. Wir wünschen dir, dass du nun sehen darfst, woran du ein Christenleben lang geglaubt hast, dass du schauen darfst, was du ein Priesterleben lang verkündet hast, dass deine Augen strahlen und dein Herz nun vor Freude bebt und sich weit öffnet (vgl. Jes 60, 5), wenn du den auferstandenen Christus erblickst. Ich möchte dir im Namen von uns allen ein Wort aus deiner geliebten französischen Sprache zurufen: Adieu, Manfred! Ja Adieu! Sei du jetzt bei deinem Gott!

Amen

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