ein bemerkenswerter Kirchenbau des 20. Jahrhunderts
von Werner Mühlbauer
Zu finden:
in Gersthofen, wo sich Schubertstraße und Johannesstraße treffen.
Geplant von Hermann Öttl und ausgeführt durch die Fa. Eierle wurde die Kirche am 6. Oktober 1968 von Bischof Dr. Josef Stimpfle geweiht.
Zusammen mit Schulen, Musikschule, Kindergarten, Sportanlagen gibt sie dem „Kulturzentrum“ im Süden der Stadt ein besonderes Gepräge. Sie bildet einen städtebaulichen Schwerpunkt sowohl durch die Wirkung ihrer Silhouette zur Autobahn hin als auch innerörtlich: Der markante Turm ist der Fluchtpunkt, auf den die Schubertstraße von Norden her zuläuft.
Das Baukonzept basiert auf der Grundform des Quadrates, das sich vielfach findet: Grundfläche der Kirche, Grundfläche des Daches (in 45°-Drehung aufgesetzt), Grundriss des Turmes, Pflasterung des Vorplatzes einschließlich Brunnen.
Die weiße Westfassade erzeugt, besonders im sommerlichen Sonnenlicht, ein süd-liches Flair. Der Baukörper mit dem deutlich hervortretenden Dach erinnert an die Form eines Schiffes (Kirche als „Schiff Petri“).
Der Innenraum überrascht beim Betreten durch die offene Ostwand, die das Licht der Sonne einlässt und dadurch vor allem den sonntäglichen Gottesdiensten eine besondere Stimmung verleiht.
Der Raum verbindet die Wirkung einer Halle, in der sich die Gemeinde versammelt, mit dämmrigen Nischen, in die sich ein stiller Beter zurückziehen kann; einer dieser seitlichen Räume dient als Taufkapelle.
Die nüchterne Gestaltung mit weißer Farbe und – teilweise bemaltem – Sichtbeton entspricht dem Lebensgefühl unserer Zeit.
Zum theologischen Konzept
Raumordnung und Anordnung der Einrichtungsgegenstände erfüllen in besonderem Maße die Erfordernisse des 2. Vatikanischen Konzils für die Liturgie. Die quadratische Grundfläche ermöglicht es, dass sich die Gemeinde zur Feier der Eucharistie um Altar und Ambo versammeln kann. Beide zusammen bilden das Zentrum des Geschehens bei der Messfeier: der Tisch des Wortes und der Tisch des Brotes. Die geringe Erhebung von Ambo und Altar über die Gemeinde betont das
In-der-Mitte-Sein von Wort und Eucharistie. Die halbkreisförmig angeordneten Stühle führen die Gottesdienstbesucher – bei Kommunionfesten oder beim sog. „großen Dienst“, bei dem früher immer eine große Zahl von Ministrant(inn)en einen Kreis um den Altar bildete, besonders die Kinder – ganz nahe an die heiligen Geheimnisse heran. Die menschlichen Gestalten an der Altarrückwand deuten das Himmlische Jerusalem an, die Heiligen, die mit uns Gottesdienst feiern.
Das moderne Kreuz an der Stirnwand gehört nicht zum ursprünglichen Konzept der Kirche. Es wurde angebracht; um dem Auge einen Zielpunkt, der vorher gefehlt habe, anzubieten.
Der Raum eignet sich auch für Prozessionen, z. B. umschritt früher der Priester mit dem liturgischen Dienst am Palmsonntag die Gemeinde.
Ein besonderer liturgischer Brauch war immer das Osterfeuer, entzündet vor dem Altar in einer Metallschale.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Ensemble bestehend aus Kreuz, Osterkerze, barocke Marienfigur. Das Kreuz, gefertigt von dem Gersthofer Alfred Demharter, erinnert an Antennen, die sich in alle Richtungen erstrecken. Die Madonna, aus keiner katholischen Kirche wegzudenken, entspricht der Namensgebung der Kirche.
Der Tabernakel, ein transparentes und doch den Inhalt (ver-)bergendes grünes „Kästchen“ („des greane Kastl“, wie ein öfter anwesender oberbayerischer Besucher liebevoll zu sagen pflegte), beleuchtet durch Tageslicht von oben, ist geeignet, etwas vom verborgenen und doch gegenwärtigen Mysterium Christi in der Eucharistie sichtbar zu machen.
Der etwas ins Dunkle zurückgesetzte Kreuzweg, von Reinhold Grübl markant und eigenwillig gestaltet, will mit seinem bewusst rissig ausgeführten Putz das Leiden Christi spürbar nahebringen.
Der Orgelprospekt, entworfen von Hermann Öttl nach dem Grundsatz „Ausgewogen¬heit durch Asymmetrie“, passt sich mit seinen Formen der Dachkonstruktion an. Die Akustik des Raumes bringt die bezüglich ihrer Größe eher bescheidene Orgel (22 Register) wie auch den Gesang von Chor, Schola und Kantor gut zur Geltung.
Drei nicht gestrichene Bretter an der Decke können als Symbol für das Unfertige allen menschlichen Tuns gedeutet werden.
Die sieben Glocken tragen die Namen von Christen beider Konfessionen, die im vergangenen Jahrhundert ihr Leben gaben für Frieden und Freiheit und Menschen¬würde: Alfred Delp, Rupert Mayer, Dag Hammarskjöld, Geschwister Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Martin Luther King, Folke Bernadotte (Reihenfolge der Größe nach).
Der Name Johannesstraße nimmt Bezug auf Papst Johannes XXIII. Das von ihm einberufene 2. Vatikanische Konzil machte durch seine Liturgiereform Kirchenbauten dieser Art erst notwendig und möglich.
Alle diese Namen stehen für das, was Christsein in unserer Zeit bedeuten kann und muss.
Die Kirche Maria, Königin des Friedens ist ein lichter, offener Raum, gestaltet nach einem bis ins Detail stimmigen in sich geschlossenen Konzept; ein Ort der Begegnung, in hervorragender Weise geeignet für gottesdienstliche Versammlungen, ebenso für Konzerte oder auch – etwa in der Taufkapelle – Ausstellungen. Für Menschen von mehr als einer Generation bedeutet dieses Gotteshaus religiöse Heimat. Ihr Glaubensleben wurde durch diesen Raum maßgeblich geprägt.
Es ist zu wünschen, dass dieses Bauwerk weiterhin durch lebendige Gottesdienste Anstöße und Kraft für ein christliches Leben vermittelt.